Walderschliessung Safiental, Sanierung Calörtscherstrasse
Safiental GR
Das Safiental ist das letzte Seitental des Vorderrheins vor dessen Zusammenfluss mit dem Hinterrhein bei Reichenau. Es ist ein V-Tal und verläuft in nord-südlicher Richtung. Die Rabiusa, welche am Bärenhorn entspringt, hat sich auf ihrem Weg nach Norden meist tief in den weichen Bündner Schiefer eingegraben. Die Talgemeinden sind typische Walser-Siedlungen, bestehend aus mehreren kleinen Fraktionen und aus weit verstreuten Einzelhöfen.
Der Zugang zum Tal erfolgte aus topografischen Gründen vor allem über verschiedene Pässe. Es wird vermutet, dass schon zu römischer Zeit ein Weg von Pitasch übers Güner Lückli via Safienberg nach Splügen führte. Die ersten Siedler waren offenbar Romanen. Wahrscheinlich kamen um 1350 die Walser in dieses Tal.
Bis Anfang des 16. Jahrhunderts sprach denn auch ein Teil der Bevölkerung romanisch. Die Grundherrschaft über den grössten Teil des Safientals gehörte damals dem Domleschger Kloster Cazis. 1526 wurde die Reformation eingeführt. Bis 1851 bildete Safien, das schon 1362 als selbständig handelnde Gemeinde mit Ammann und Geschworenen bezeugt ist, eine eigene Gerichtsgemeinde im Hochgericht Thusis.
Ein wichtiges Ereignis war die Eröffnung der Talstrasse in den Jahren 1883/85. Trotz dieser neuen Orientierung nach Norden behielten die Pässe - etwa der Glaspass als Verbindung nach Thusis - noch viele Jahre ihre Bedeutung. Erst als das Postauto die Postkutsche ersetzte, wurden die Verbindungen rascher und bequemer. Bis 1953/54 war die Strasse im Winter geschlossen.
Ein weiteres wichtiges Ereignis, der Zusammenschluss der Gemeinden Safien, Tenna, Versam und Valendas zur Fusionsgemeinde Safiental, erfolgte per 1. Januar 2013.
Bevölkerung
1930 | 1’322 Einwohner |
1960 | 1’302 Einwohner |
1980 | 944 Einwohner |
1990 | 1’042 Einwohner |
2000 | 1’028 Einwohner |
heute | 970 Einwohner |
Die Gemeinden Safien, Tenna, Valendas und Versam waren seit jeher von der Abwanderung stark betroffen. Im 17. und 18. Jahrhundert traten junge Männer bei französischen, holländischen und neapolitanischen Regimentern in den Solddienst ein. Gleichzeitig zog es andere vorzugsweise in die österreichisch-ungarische Donaumonarchie. Sie erlernten dort das Handwerk der Zuckerbäcker und Cafetiers.
Ab 1830 setzte ein grosser Exodus von Safiern nach Übersee ein. Die Auswanderer liessen sich am Oberlauf des Mississippi nieder. Eine andere Destination für die Auswanderer war Neuseeland, wo die Menschen rund um den Mount Taranaki eine neue Heimat fanden. Trotzdem zählte das Gebiet im Safiental im Jahr 1850 1’798 Ansässige.
Altersstruktur
0 - 15 Jahre | 137 Personen | 14 % |
16 - 65 Jahre | 594 Personen | 61 % |
über 65 Jahre | 239 Personen | 25 % |
Schulen
19 Kindergartenschüler | in Versam | bis 24 km Entfernung |
46 Primarschüler | in Safien, Tenna, Valendas, Versam | bis 7 km Entfernung |
32 Real- und Sekundarschüler | in Valendas | bis 29 km Entfernung |
1 Mittelschüler | in Disentis/Chur | 58/36 km Entfernung |
Gemeindefläche
Landwirtschaftliche Nutzfläche | 5’873 ha |
Wald | 4’512 ha |
Siedlungsfläche | 29 ha |
Unproduktiv | 4’713 ha |
Total | 15’127 ha |
Das Gemeindegebiet erstreckt sich von 635 m.ü.M. bis auf 1’315 m.ü.M. und befindet sich zu einem Viertel in den Bergzonen II, III und IV. Der Rest ist Sömmerungsgebiet.
Erwerbsstruktur
79 | Landwirte im Haupterwerb |
2 | Nebenerwerbslandwirt |
10 | Forstwirtschaft |
51 | Handwerk und Industrie |
74 | Dienstleistungssektor |
58 | Pendler aus der Gemeinde |
27 | Pendler in die Gemeinde |
Land- und Alpwirtschaft sind im Safiental sehr eng miteinander verbunden, da wegen der Höhenlage und des Klimas nur Viehwirtschaft möglich ist. Leider sind die Standortbedingungen für das Gewerbe nicht sehr günstig. Die grosse Distanz verteuert die Transportkosten und erschwert die Konkurrenzfähigkeit ausserhalb des Tales. Für «Allrounder» besteht die Möglichkeit, im Tal selber genügend Arbeit zu finden. Das tägliche Pendeln ist, bedingt durch die verkehrstechnisch ungünstige Lage, vor allem im Winter erschwert.
Vereine
Das kulturelle Leben im Safiental äussert sich in einer regen Vereinstätigkeit. So gibt es 32 Vereine in den Bereichen Sport, Kultur/Volksbrauch, Theater, Musik, Gesang, Jäger, Schützen und Samariter sowie das Chilbi Team.
Tourismus
Safiental ist Teil des Naturpark Beverin und setzt auf einen sanften Tourismus. Den Gästen stehen in sechs Hotels 183 Hotelbetten, 17 Restaurants, 181 Ferienhäuser sowie 33 Ferienwohnungen und fünf Gruppenunterkünfte zur Verfügung. Ausserdem gibt es einen Solarskilift.
Die finanzielle Situation
Nettoverschuldung pro Kopf 2021 | Fr. | 2’869.22 |
Steuereinnahmen pro Kopf 2021 | Fr. | 2’247.82 |
Ertragsüberschuss 2021 | Fr. | 116’951.94 |
Abschreibungen 2021 | Fr. | 1’012’500.-- |
Finanzausgleichsbeiträge 2021 | Fr. | 1’207’117.-- |
Ertragsanteile (Wasserrechtszins, Kieskonzession etc.) | Fr. | 1’561’477.30 |
Steuerfuss | 105 % | |
Höchst möglicher Steuerfuss im Kanton | 130 % |
Direkte Bundessteuer pro Kopf 2019:
Gemeinde Safiental | Fr. | 294.-- |
Kanton Graubünden | Fr. | 1’102.-- |
Schweiz | Fr. | 1’372.-- |
Zum Projekt
Die Calörtscherstrasse, mit einer Gesamtlänge von 4’400 Meter, erschliesst die Geländekammer oberhalb von Arezen auf der linken Talseite des Safientals und wurde in den Jahren 1966 bis 1968 erstellt. Sie ist die Basiserschliessung für Schutz- und weitere Wälder, landwirtschaftlichen Nutzflächen sowie der Siedlung Calörtsch, aber auch für die verschiedenen Maiensässen auf der Alp Brün und für die Quellfassungen und Reservoiren.
Nun genügt die Carlörtscherstrasse den heutigen Anforderungen nicht mehr, sie ist zu schmal und weist an verschiedenen Stellen Schäden auf. Zudem ist die Tragfähigkeit in Bezug auf den Holztransport ungenügend. Aufgrund intensiver Nutzung durch immer schwerere Forst- und Landwirtschaftsmaschinen weist sie gravierende Mängel auf. Eine effiziente Waldbewirtschaftung mit modernen Maschinen ist nicht mehr möglich, und die Sicherheit für den Holztransport wie auch für die übrigen Strassenbenutzer ist nicht mehr gewährleistet. Beim heutigen Holzernteverfahren wird das Rundholz oft an der Waldstrasse aufgerüstet. Dadurch wird die Strasse nicht nur als Transportlinie, sondern immer häufiger auch als Arbeitsplatz genutzt.
Die Gemeinde Safiental hat daher beschlossen, die Waldstrasse vom Ende der Arezenstrasse bis zur Streusiedlung Calörtsch zu erneuern und den aktuellen Bedürfnissen und Anforderungen entsprechend auszubauen und anzupassen.
Vordringliche Reparaturarbeiten konnten bereits in den Jahren 2016 und 2017 mit Hilfe von Kantonsbeiträgen ausgeführt werden.
Auf einer Länge von 2’752 Meter werden folgende Massnahmen umgesetzt:
- Verbreiterung der Strasse auf 3.30 Meter
- Schaffung von neuen Ausweichstellen bzw. Holzlagerplätzen
- Verstärkung des Oberbaus
- Einbau einer Asphaltdeckschicht im offenen Gelände und im Bereich der Quellschutzzonen auf einer Länge von 1’623 Meter
- Einbau einer tonwassergebundenen Verschleissschicht aus Kiessand auf einer Länge von 529 Meter
- Abbruch von Holzkästen (25 m), Drahtschotterkörben (18 m) und Natursteinmauern (94 m)
- Bau von Bankettsicherungen (593 m), Blocksteinmauern (285 m), erdbewehrten Stützsystemen (176 m) und einer Larsenwand (16 m)
- Sanierung von bestehenden Natursteinmauern (52 m)
- Erneuerung der Wasserableitung mittels Sickerleitungen, Ableitungen, Strassenschächten, Durchlässen, Wasserrinnen, Sickergruben und Ein- und Auslaufbauwerken
- Die Begrünung der neu entstanden Böschungen ausserhalb des Waldes mit standortgerechten Samenmischungen und im Wald mit dem Einbringen von Sträuchern
Das Projektgebiet umfasst eine Waldfläche von 73 ha, wovon 52 ha als Schutzwald ausgeschieden werden. Die jährlich zu nutzende und abzuführende Holzmenge beträgt 500 m³. Ausserdem befinden sich im Projektperimeter rund 70 ha landwirtschaftlich genutzte Wiesen und Weiden.
Die Sanierung der Calörtscherstrasse ist die Voraussetzung für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Schutzwälder im Gebiet Calörtsch. Durch den Ausbau der Basiserschliessung wird unter anderem der Zubringer zu einem ganzjährig bewohnten Gebiet den Sicherheitsbedürfnissen angepasst. Die sanierte Strasse erleichtert die Zufahrt, die Kontrolle sowie die Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten an kommunaler Infrastruktur (u.a. der Wasserversorgung). Darüber hinaus wird der Zugang für Soforteinsätze auch bei Waldbränden erleichtert. Infolge des Ausbaus der Strasse kann die Löschwasserinfrastruktur ergänzt werden. Eine Vervollständigung der Massnahmen für die Waldbrandbekämpfung entspricht dem kantonalen Konzept «Waldbrandprävention 2030». Auch im Safiental sind Trockenperioden immer häufiger und damit besteht auch eine höhere Waldbrandgefahr, die nicht zu vernachlässigen ist.
Der Ausbau der Strasse ist auf die zeitgemässe Bewirtschaftungs-, Bau- und Transportmittel ausgerichtet. Das Vorhaben grenzt an die Landschaftsschutzzone von regionaler Bedeutung «Brüner Alp». Die Landschaft ist geprägt durch unberührte Maiensässe und Weidwaldlandschaft am Fusse der Signinagruppe und gilt als bedeutsames Wandergebiet. Diesem Umstand wird durch die sorgfältige Gestaltung beim Ausbau Rechnung getragen.
An der Gemeindeversammlung am 25. Mai 2022 wurde dem Projekt zugstimmt und der Kredit von 3.8 Millionen Franken genehmigt. Der Kanton hat das Vorhaben am 9. August 2022 genehmigt.
Mit den Instandstellungsarbeiten wurden am 11. April 2023 begonnen. Man hofft, die Strasse bis 2025 fertigstellen zu können, so dass im Herbst 2025 der Belagseinbau erfolgen kann. Die Abschlussarbeiten werden im Herbst 2026 erfolgen.
Kosten und Finanzierung
Gemäss Zusammenstellung sehen die Kosten wie folgt aus:
Baumeisterarbeiten | Fr. | 2’973’918.38 |
Unvorhergesehenes | Fr. | 297’391.84 |
Projekt und Bauleitung | Fr. | 261’704.82 |
MwSt. | Fr. | 272’042.16 |
Gesamtkosten | Fr. | 3’805’057.20 |
Die Finanzierung ist folgendermassen vorgesehen:
Gesamtkosten | Fr. | 3’805’057.20 |
./. Subvention Kanton | Fr. | 2’359’800.-- |
Noch zu finanzierende Restkosten | Fr. | 1’445’257.20 |
Die Sanierung der Calörtscherstrasse ist für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Schutzwälder im Gebiet Calörtsch, aber auch für die Sicherheit der Landwirtschafts- und Forstfahrzeuge und für die Zubringer zum ganzjährig bewohnten Gebiet unumgänglich. Durch den Ausbau der Strasse ist eine Tragfähigkeit von 28 Tonnen für die praktisch ausschliessliche Nutzung von Landwirtschafts- und Forstfahrzeugen gewährleistet. Gemäss geltender Waldordnung für das Gebiet ist das Befahren der Waldwege nur zu forst- und landwirtschaftlichen Zwecken sowie für die gestatteten Ausnahmen laut eidgenössischem und kantonalem Waldgesetz erlaubt.
Der Schutzwald ist eine natürliche, kostengünstige und nachhaltige Infrastruktur vor Lawinen, Steinschlag und Muren. Schutzwälder vermeiden zudem Erosion, sichern die Qualität des Trinkwassers und verringern die Hochwassergefahr. Nur der gepflegt und bewirtschaftete Schutzwald ermöglicht die dauerhafte Besiedlung und die sichere Benützung von Infrastruktur in vielen Teilen des Alpenraumes. Dazu sind entsprechend ausgebaute Strassen notwendig.
Die Gemeinde Safiental muss die Strasse dringend sanieren. Die Gemeinde gehört nach wie vor zu den verschuldeten Gemeinden im Kanton Graubünden und ist deshalb auf finanzielle Hilfe von Dritten angewiesen. Aus den erwähnten Gründen können wir Ihnen das Projekt für einen finanziellen Beitrag sehr empfehlen.
An dieses Projekt konnten wir bereits Spenden in der Höhe von Fr. 424’400.-- vermitteln.