Instandsetzung Verbauung Nolla
Urmein GR
Das Dorf Urmein liegt auf einer Höhe von 1’263 m.ü.M. am Heinzenberg, auf einer Sonnenterasse oberhalb von Thusis. Am Berg selbst finden sich die Dörfer Tschappina, Masein, Flerden, Portein, Sarn, Präz und Tartar. Sie sind durch kleine Strassen und Wanderwege verbunden. Die Gemeinde Urmein befindet sich im Kreis Thusis, im Bezirk Hinterrhein. Südlich des Dorfs fliesst der Nolla durch ein tief eingeschnittenes Tobel und westlich davon erhebt sich der Glaser Grat (2’124 m.ü.M.). Jenseits des Nollatobels steigt das Gemeindegebiet bis in die Nähe des Zwölfihorns (2’281 m.ü.M.) an. Zu Urmein gehört das Feriendorf Oberurmein (1’527-1’609 m.ü.M.).
Urmein wurde in der frühsten überlieferten Schreibweise des 12. Jahrhunderts als «Hof Urmein» ehemals Ormen erwähnt. Als Hof taucht der Ort in einer im römischen Lateran ausgestellten Papsturkunde auf, worin der damalige Kirchenfürst die Güter des Klosters Cazis in seinen Schutz nahm. Die Territorialherrschaft war am Heinzenberg bis in die Neuzeit hinein sehr ausgeprägt. Die Vazer Freiherren wurden durch die Herrschaft Werdenberg-Sargans abgelöst (ca. 1330). Diese übergab den Heinzenberg den Freiherren von Rhäzüns (1383). Graf Jörg von Werdenberg übernahm die Herrschaft 1459, um sie 1475 ans Bistum zu veräussern, das bisher keine Herrschaft ausgeübt hatte. Der ausgeprägte Herrschaftscharakter, welcher dem Heinzenberg zuteilwurde, bedeutete, dass der Hof Urmein als sogenannter Gutshof vorgestellt werden muss, auf dem – kennzeichnenderweise – Hofhörige wirtschafteten. Das bedeutete, dass sie bei einer Veräusserung des Hofs nicht vertrieben werden konnten. Hieraus entwickelte sich das Erbeigentum und letztlich das bäuerliche Privateigentum. Dieses Letztere findet sich zuerst in den Maiensässen, welche individuell aus der Allmende als Privateigentum ausgeschieden und entsprechend am raschesten urbanisiert wurde. Die Urmeiner wachten strikte darüber, dass die Maiensässe frei handelbar waren und nicht mit den Gütern in und ums Dorf herum gekoppelt wurden, denn dann wären sie der Herrschaft verfallen gewesen. Damit erklärt sich die historische Begründung, dass die Allmende ob Urmein zum hochparzellierten Ferienort wurde.
Ursprünglich sprachen die Bewohner Sutselvisch, eine bündnerromanische Mundart. Doch bereits im Mittelalter wechselten sie unter dem Einfluss der Walser von Tschappina zum Deutschen. Bis 1970 gab es durch Zuwanderung aus den romanischsprachigen Nachbardörfern eine sprachliche Minderheit. Heute ist die Romanische Sprache vollends durch die Deutsche verdrängt worden.
Bevölkerung
1930 | 105 Einwohner |
1960 | 90 Einwohner |
1980 | 76 Einwohner |
1990 | 81 Einwohner |
2000 | 94 Einwohner |
heute | 150 Einwohner |
Altersstruktur
0 - 15 Jahre | 22 Personen | 15 % |
16 - 65 Jahre | 88 Personen | 59 % |
über 65 Jahre | 40 Personen | 26 % |
Schulen
4 Kindergartenschüler | in Flerden | 1 km Entfernung |
8 Primarschüler | in Flerden | 1 km Entfernung |
5 Real- und Sekundarschüler | in Thusis | 7 km Entfernung |
1 Mittelschüler | in Chur | 30 km Entfernung |
Gemeindefläche
Landwirtschaftliche Nutzfläche | 204 ha |
Wald | 132 ha |
Siedlungsfläche | 25 ha |
unproduktiv | 74 ha |
Total | 435 ha |
Das Dorf Urmein liegt auf 1’263 m.ü.M. Das gesamte Gebiet befindet sich in der Bergzone III und im Sömmerungsgebiet.
Erwerbsstruktur
- 9 Landwirtschaftsbetriebe im Haupterwerb
- 0 Landwirtschaftsbetriebe im Nebenerwerb
- 0 Forstwirtschaft
- 0 Handwerk- und Industrie
- 3 Dienstleistungssektor
- 29 Pendler aus der Gemeinde
- 0 Pendler in die Gemeinde
Vereine
Für etwas Abwechslung in Urmein sorgt der Eisstockclub Patrutg. Ausserdem können sich die Frauen aus den drei Gemeinden Flerden, Urmein und Tschappina in den Verein Landfrauen Oberheinzenberg einbringen. In Flerden gibt es zudem Unihockey für jedermann sowie einen Turnverein.
Tourismus
Ganz allgemein gilt der Heinzenberg als Geheimtipp für naturnahen Tourismus. Besonders attraktiv ist der Heinzenberg für Familien und Sportler, welche die Natur lieben. Den Gästen stehen 50 Ferienwohnungen, 80 Ferienhäuser, ein Restaurant und eine Bergbahn bzw. ein Skilift, ein Badesee mit Spielplatz, der im Winter als Eisstockfläche genutzt wird, zur Verfügung.
Die finanzielle Situation 2020
Nettovermögen pro Kopf | Fr. | 21’404.75 |
Steuereinnahmen pro Kopf | Fr. | 2’548.24 |
Aufwandüberschuss | Fr. | 38’973.65 |
Abschreibungen | Fr. | 133’602.-- |
Finanzausgleichsbeitrag | Fr. | 54’463.10 |
Steuerfuss | 50 % | |
höchster Steuerfuss im Kanton | 130 % | |
niedrigster Steuerfuss | 30 % |
Direkte Bundessteuer pro Kopf 2017:
Gemeinde Urmein | Fr. | 1’268.-- |
Kanton Graubünden | Fr. | 976.-- |
Schweiz | Fr. | 1’294.-- |
Zum Projekt
Die Nolla nimmt ihren Lauf südwestlich von Thusis und trennt den Heinzenberg im Norden vom Piz Beverin und dem Val Schons. Auf 1’121 m.ü M. vereinigen sich die Weisse und die Schwarze Nolla zur Nolla, welche bei Thusis auf ca. 680 m.ü.M. in den Hinterrhein mündet. Die Weisse Nolla entwässert die Nordhänge des 2’998 m.ü.M. hohen Piz Beverin. Die Schwarze Nolla entspringt am Glaspass und wird primär von den Südost-Hängen von Tschappina gespiesen.
Das gesamte Einzugsgebiet der Nolla beträgt rund 30 km² und besteht aus Mergelschiefer und Kalkphyllite mit Einlagerungen von Sandsteinen. Als geologische Formation ist die rechte Talseite den Bündnerschiefer-Decken zuzuordnen und die instabile, durch Sackungen geprägte linke Talseite des Heinzenberges, einer Moräne.
«Um den Untergang des ganzen Thusis zu bewirken, bedarf es einer einzigen neuen Anschwellung der Nolla», steht in einem Taschenbuch für die gesamte Mineralogie von 1821. Darin wird die Nolla erst als kleiner Bach, der sich friedlich vom Fuss des Beverins hinunter zum Hinterrhein schlängelt, beschrieben, um dann wirkungsvoll das Bild seiner Zerstörungskraft bei Hochwasser zu beschreiben. Um nur ein Beispiel von den durch die Nolla angerichteten Verwüstungen anzuführen, sei erwähnt, dass 1807 volle 9/10 aller Wiesen und Felder der Gemeinde Sils bei Thusis mit Schutt und Schlamm überführt wurden. Die Hauptursache dieses von Jahr zu Jahr gefährlicher werdenden Zustandes lag in der etwa seit der Mitte des 17. Jahrhunderts betriebenen unvernünftigen Niederlegung der Wälder im Einzugsgebiet der Nolla, besonders im oberen Abschnitt um Tschappina und den Glaspass. Dadurch entstanden in dem ohnehin wenig widerstandsfähigen Bündnerschiefer Spalten, Risse und Rutschungen; ganze Terrassen sanken zum Tobel des Wildbaches ab und nahmen die auf ihnen stehenden Häuser, Hütten und Ställe und die über sie hinführenden Wege mit sich in die Tiefe.
Erst im 20. Jahrhundert wurde der Nolla mit Eingriffen, darunter drei grosse Sperren, gesichert. Bis zu den Jahren 1946/47 wurde die Verbauung laufend erneuert. Insgesamt erfolgten bis heute ca. 70 bauliche Eingriffe in die Bachverbauung. Später folgten Entwässerungs- und Instandstellungsprojekte. Die Verbauungen hatten zum Ziel «die Konsolidierung der rutschenden Hänge des Nollatales und die Verminderung und Verzögerungen der Geschiebeabfuhr nach dem Rheinthal» sicherzustellen. Mit der Gesamtverbauung werden heute viele hunderttausend Kubikmeter Geschiebe in der Nolla zurückgehalten.
Die Hochwasserereignisse im Sommer und Herbst 2020 haben zu diversen Schäden an der Nolla-Wildbachverbauung geführt. In der Folge wurde die Funktion der einzelnen Bauwerke hinsichtlich ihrer Schutzwirkung sowie ihrer Auswirkung eines Bauwerkversagens untersucht und beurteilt. Im Rahmen der Bauwerkkontrollen im Herbst 2020 wurde festgestellt, dass praktisch an allen Sperren Schäden entstanden sind. In der Vergangenheit wurden allen Sperren an der Nolla dieselbe Bedeutung zugeordnet. Eine Funktionsbeurteilung der bestehenden Bauten hat ergeben, dass ein Versagen einiger Bauwerke keinen Einfluss auf das Verhalten und die Sicherheit der Gesamtverbauung haben. Daher wird mit der aktuellen Instandsetzung ein Regelwerkwechsel angestrebt, und die Sperren werden zwecks ihrer Funktion eingeteilt und behandelt. Die Bauwerke können entsprechend ihrer Funktion und Relevanz für das Gesamtsystem in Standard- und Schlüsselbauwerke eingeteilt werden. Das Verhalten von Schlüsselbauwerken spielt nicht nur eine zentrale Rolle für die zu schützende Bereiche, sondern auch für das gesamte Verbauungssystem. Die Standardbauwerke hingegen übernehmen keine übergeordnete Funktion im bestehenden Verbauungssystem und werden daher nicht mehr instand gesetzt.
Um die Funktionalität der Sperren auch in Zukunft aufrecht erhalten zu können, müssen die beschädigten Sperren eins, zwei, vier, fünf und sechs (alles Schlüsselbauwerke) instand gesetzt werden. So müssen die schadhaften Sperrenflügel bei Sperre eins mit behauenen Steinen in Beton reprofiliert und die beschädigten Abflusssektionen bei den Sperren eins, zwei, fünf und sechs mit verankerten kubischen Granitblöcken komplett erneuert werden. Bei Sperre vier muss der Erosionsschutz instand gesetzt werden. Die 1946/47 als Schwergewichtsmauer erstellte Sperre acht, die eine Schlüsselfunktion in der ganzen Verbauung einnimmt, ist sehr stark beschädigt und muss komplett ersetzt werden. Ein plötzliches Versagen dieser Sperre hätte fatale Auswirkungen auf die gesamten Verbauungswerke in der Nolla sowie auf den Mündungsbereich beim Hinterrhein. Der rechte Bauwerksteil ist abgesackt und die innere Bauwerkstabilität ist nicht mehr gegeben. Die Sperren sieben und neun (beides Standardwerke) sind den Standardbauwerken zuzuordnen und ebenfalls stark beschädigt. Die Konzeption des Ersatzbaus der Sperre acht erfolgt daher mit dem Ziel, dass künftig auf die Sperren sieben und neun verzichtet werden kann. Die Sperre zehn (Standardbauwerk) ist weitgehendst zerstört, eingesart und übernimmt keine stabilisierende Funktion mehr. Die Sperre elf (ebenfalls ein Standardbauwerk) stabilisiert lokal die Sohle der Schwarzen Nolla kurz vor dem Zusammenfluss mit der Weisse Nolla. Der Geschieberückhalt des Bauwerkes ist volumenmässig begrenzt und wird auf wenige tausend Kubikmeter geschätzt. Ein schlagartiges Sperrenversagen hätte somit keine substanziell unerwünschten Auswirkungen auf das Gesamtsystem sowie auf unterliegende Schutzziele in flussnahen Bereichen von Thusis. Die Sperre drei (Schlüsselbauwerk) wurde bereits im Jahr 2013 instand gestellt. Diese Sperre ist intakt, und es sind aktuell keine Instandsetzungsarbeiten notwendig.
Die Hauptpositionen der baulichen Umsetzung bestehen insgesamt aus rund 10’000 m³ Erdbewegungen, rund 6’000 Tonnen zugeführten Blocksteinen für Ufersicherungen, Bauwerksinstandsetzungen und das Leitwerk beim Ersatzbau von Sperre acht sowie rund 2’500 m³ Beton für Sperreninstandstellungen und den Ersatzbau der Sperre acht. Das Aushubmaterial wird vor Ort für die erforderliche Bauwerkshinterfüllung sowie für die lokale Gerinne- und Böschungsgestaltung wiederverwendet. Es wird kein Aushub abgeführt. Blocksteine aus dem Aushub werden für die Ufer- und Sohlensicherung vor Ort wiederverwendet.
Das Projekt wurde 7. Januar 2022 genehmigt und bewilligt.
Die baulichen Umsetzungen an der Nolla müssen auf die saisonalen Abflüsse abgestimmt werden und sollen nicht in der Zeit der grossen Schmelzwasserabflüsse zwischen April und Juni stattfinden. Die Umsetzung soll so gestaltet werden, dass ein optimaler und effizienter Bauablauf möglich ist. Die Instandsetzungsmassnahmen an den Sperren eins, zwei, vier, fünf und sechs wurden im August 2022 in Angriff genommen. Der Ersatz der Sperre 8 ist in zwei Bauetappen geplant. Die Arbeiten, welche die Fundation betreffen, sollen im Herbst 2022 realisiert werden. Die zweite Bauetappe, welche alle Arbeiten oberhalb des Terrains betreffen, wird im Sommer bzw. Herbst 2023 realisiert. Mit dem Abschluss der gesamten Arbeiten wird voraussichtlich im Dezember 2023 gerechnet.
Kosten und Finanzierung
Die Kosten sehen gemäss Voranschlag wie folgt aus:
Regiearbeiten, Baustelleneinrichtung und Wasserhaltung | Fr. | 120’500.-- |
Rodungsarbeiten | Fr. | 10’000.-- |
Vorbereitungsarbeiten | Fr. | 65’200.-- |
Aushubarbeiten | Fr. | 73’900.-- |
Hartverbauung | Fr. | 1’051’500.-- |
Betonarbeiten | Fr. | 1’816’754.-- |
Diverses und Unvorhergesehenes | Fr. | 279’304.-- |
Nebenleistungen | Fr. | 294’400.-- |
MwSt. | Fr. | 288’442.-- |
Gesamtkosten | Fr. | 4’000’000.-- |
Die Finanzierung ist wie folgt vorgesehen:
Gesamtkosten | Fr. | 4’000’000.-- |
./. Subvention Bund | Fr. | 1’400’000.-- |
./. Subvention Kanton | Fr. | 980’000.-- |
Restkosten für die perimeterpflichtigen Gemeinden | Fr. | 1’620’000.-- |
./. Anteil der permiterpflichtigen Gemeinden | Fr. | 1’346’000.-- |
Restkosten Gemeinde Tschappina | Fr. | 274’000.-- |
Gemäss einer Vereinbarung zwischen den perimeterpflichtigen Gemeinden der Nollaverbauungen (Gemeinden Tschappina, Urmein, Flerden, Sarn, Masein, Thusis und Sils i.D.) hat die Gemeinde Urmein einen Anteil von 16.9 % der Restkosten und somit rund Fr. 274’000.-- zu tragen.
Die Wirtschaftlichkeit resp. Nutzen-Kostenwirksamkeit der notwendigen Instandsetzung der bestehenden Verbauung ist in Anbetracht des vorhandenen Schadenpotentials der gefährdeten Infrastrukturen sowie der Kantons- und Gemeindestrassen gegeben.
Aus Gründen des Gewässerschutzes, der Fischerei und der angestrebten Bauwerksqualität müssen sämtliche Bauarbeiten im Trockenen erfolgen. Dazu sind entsprechende temporäre Wasserhaltungsmassnahmen erforderlich.
Während Jahrhunderten sorgte die Nolla für Angst und Schrecken. Seit Generationen jedoch leben die Einwohner in und um Thusis mit dem Wildbach Nolla und deren verheerenden Auswirkungen bei einem Hochwasserereignis. Bei Hochwassern wälzte er seine Schlammmassen bis ins St. Galler Rheintal hinunter und raubte den Bauern am Heinzenberg viel Kulturland. Mit gezielten Verbauungen, die Bund, Kanton und Gemeinden enorme Summen gekostet haben, versuchte man, die wilde Nolla zu zähmen, und auch heute sind immer wieder grosse Investitionen notwendig.
Aufgrund der Wichtigkeit der notwendigen Instandsetzung der Nollawildbachverbauung und der hohen Restkosten für die Gemeinde Urmein können wir Ihnen dieses Projekt für eine Hilfeleistung wärmstens empfehlen.
Für dieses Projekt konnten wir bis heute Spenden in der Höhe von Fr. 254’450.-- vermitteln.