Erschliessung und Wasserversorgung Alp Chamer Oberstafel in Linthal
Glarus Süd GL
Am 7. Mai 2006 ist im Kanton Glarus ein neues Zeitalter angebrochen. Überraschend befürwortete die Landsgemeinde die Fusion von 25 Ortsgemeinden, 18 Schulgemeinden, 16 Fürsorgegemeinden und 9 Tagwen in 3 Einheitsgemeinden und sorgte für das weitreichendste Glarner Reformvorhaben seit Jahrzehnten. Die Gegner dieses tiefgreifenden Entscheides haben jedoch in der Folge beim Bundesgericht in Lausanne Beschwerde eingereicht, der Entscheid verstosse gegen die Kantonsverfassung. Zeitgleich wurde eine Unterschriftensammlung gestartet, mit dem Ziel, das Drei-Gemeinden-Modell wieder rückgängig zu machen. Das verantwortliche Komitee erzwang damit die erste vom Volk einberufene, ausserordentliche Landsgemeinde seit 120 Jahren.
Am 25. November 2007 nahmen schätzungsweise 13’000 Stimmbürger die Gelegenheit wahr, ihre Meinung zu den drei Grossgemeinden noch einmal kundzutun. Mit einem grossen Mehr wurde der Entscheid vom 7. Mai 2006 bestätigt, und die drei Einheitsgemeinden waren beschlossene Sache.
Diese Reform stärkt den Kanton auf allen Ebenen und gewährleistet für die Bevölkerung eine professionelle Infrastruktur sowie einen zeitgemässen Service Public. Fortschrittliche Schulen fördern zudem den Wohn- und Wirtschaftsstandort Glarnerland.
Im Sinne des Landsgemeinde-Credos «Ds Wort gilt!» hiess es und heisst es noch, die mit dem Entscheid verbundenen Veränderungen anzupacken. Am 1. Januar 2011 hat die neue Gemeinde Glarus Süd die Verwaltung übernommen.
Die Exekutive der neuen Gemeinde Glarus Süd ist halbprofessionell und wird durch einen Gemeindepräsidenten und sechs Departementsvorsteher bestellt. Die Verwaltung ist in dezentralen Gemeindehäusern in Mitlödi, Schwanden, Haslen und Nidfurn untergebracht.
Die Legislative ist eine grosse Gemeindeversammlung, eine Art «kleine Landsgemeinde». Es bestand die Befürchtung, dass die kleinen ehemaligen Gemeinden von den grossen (Schwanden, Mitlödi und Linthal) stark dominiert werden. Der Prozess ist gut gestartet, und es zeigt sich eine Solidarität unter den Stimmbürgern für die unterschiedlichen Investitionsprojekte, die in den nun zusammengefassten 17 Dörfern anstehen und ausgeführt werden müssen.
Bevölkerung
1930 | 14’262 Einwohner |
1960 | 14’552 Einwohner |
1990 | 11’058 Einwohner |
2000 | 10’334 Einwohner |
heute | 9’854 Einwohner |
Altersstruktur
0 - 15 Jahre | 1’256 Personen | 13 % |
16 - 65 Jahre | 5’995 Personen | 61 % |
über 65 Jahre | 2’603 Personen | 26 % |
Schulen
159 Kindergartenschüler | max. Distanz 26.6 km |
493 Primarschüler | max. Distanz 25.5 km |
186 Real- und Sekundarschüler | max. Distanz 21.1 km |
30 Mittelschüler |
Glarus Süd hat 17 Schulstandorte (6 Kindergärten, 8 Primarschulen und 3 Oberstufenschulhäuser).
Gemeindefläche
Landwirtschaftliche Nutzfläche | 12’390 ha |
Wald | 11’615 ha |
Siedlungsfläche | 688 ha |
Unproduktiv | 18’327 ha |
Total | 43’020 ha |
Die einzelnen Ortsteile von Glarus Süd liegen zwischen 500 und 1’300 m.ü.M. Die Gemeinde befindet sich in den Bergzonen I bis IV und verfügt über 39 Alpen mit 3’815 Grossvieheinheiten.
Erwerbsstruktur
156 | Haupt- und Nebenberufliche Landwirtschaftsbetriebe |
30 | Forstwirtschaft |
1’915 | Handwerk und Industrie |
2’415 | Dienstleistungssektor |
4’270 | Pendler aus der Gemeinde |
1’060 | Pendler in die Gemeinde |
Vereine
184 Vereine bieten sich in der Gemeinde für den sozialen, kulturellen und sportlichen Austausch an.
Tourismus
Glarus Süd verfügt über 740 Hotelbetten in 26 Hotels, 273 Ferienhäuser und -wohnungen, 90 Restaurants, 54 Gruppenunterkünfte und 7 Bergbahnen. Bekannte Wintersportdestinationen sind Braunwald und Elm.
Feriengäste finden im gesamten Gemeindegebiet eine Fülle von Wander-, Sport- und Kulturangeboten.
Die finanzielle Situation der Gemeinde
Nettovermögen pro Kopf 2022 | Fr. | 432.66 |
Steuereinnahmen pro Kopf 2022 | Fr. | 2’581.19 |
Ausgabenüberschuss 2022 | Fr. | 1’492’083.-- |
Abschreibungen 2022 | Fr. | 4’658’438.51 |
Konzessionen und Regalien 2022 | Fr. | 2’636’971.60 |
Finanzausgleichsbeitrag 2022 | Fr. | 3’248’784.-- |
Gemeindesteuerfuss | 60 % | |
Höchst Steuerfuss im Kanton | 61.5 % |
Direkte Bundessteuer pro Kopf 2019:
Gemeinde Glarus Süd | Fr. | 669.-- |
Kanton Glarus | Fr. | 811.-- |
Schweiz | Fr. | 1’372.-- |
Die finanzielle Situation der Gemeinde Glarus Süd ist aufgrund der hohen Investitionen und der geringen Steuerkraft unvermindert angespannt. Sie ist mit Abstand die finanziell schwächste der drei Gemeinden des Kantons, muss aber für zwei Drittel der Kantonsfläche aufkommen. Die von Bund und Kanton an die Gemeinde übertragenen Aufgaben betragen gegen 90 % des Haushalts der Gemeinde. Im Vergleich zur Gemeindegrösse von 430 km² leben nur knapp 10’000 Einwohner mit einem tiefen Steueraufkommen in Glarus Süd. Zudem fehlen steuerkräftige Unternehmen. Glarus Süd hat kostenintensive Lasten zu bewältigen: Waldbewirtschaftung, Hochwasserschutz, Schutz vor Hangrutschungen, ein Wald- und Alpstrassennetz von rund 250 km sowie 653 km Wanderwege.
Zum Projekt
Auf der Chameralp in Linthal mit ihren drei Stafeln werden 66 Normalstösse gesömmert. Der Unterstafel (1’140 m.ü.M.) ist über einen ausgebauten Fussweg sowie eine kleine Materialseilbahn ab dem Mittelstafel erschlossen. Der Mittelstafel (1’290 m.ü.M.) ist mit einer gut ausgebauten Güterstrasse erschlossen. Der Oberstafel (1’700 m.ü.M.) ist nur über eine Materialseilbahn sowie einen einfachen, nicht befestigten Fussweg erreichbar. Gemäss aktueller Alpstrategie der Gemeinde Glarus Süd wird die Chameralp als Milchkuhalp ohne Milchverarbeitung betrieben. Die Milch wird daher täglich abtransportiert.
Auf dem Oberstafel beträgt die Sömmerungszeit vier Wochen. Von dort wird die Milch aktuell zweimal täglich mit der bestehenden Materialseilbahn zum Mittelstafel transportiert. Der Transport der Milch vom Unterstafel zum Mittelstafel kann über den bestehenden Weg erfolgen. Ab dem Mittelstafel wird die gesammelte Milch mit einem Milchtank ins Tal geführt.
Die beiden Materialseilbahnen sind baulich in einem sehr schlechten Zustand. Es müssten die Bergstation, Trag- und Zugseil, Stützen, Antrieb und die Barellen ersetzt werden. Die Materialseilbahn zum Oberstafel quert einen Lawinenzug, eine alternative Linienführung ausserhalb des Lawinenzuges ist nicht möglich. Rund alle fünf bis zehn Jahre wird die Zwischenstütze durch eine Lawine zerstört, und die Seile werden heruntergerissen. Dies hat zur Folge, dass die Anlage immer wieder neu aufgebaut werden muss. Aufgrund der hohen Kosten für den Komplettersatz der beiden Materialseilbahnen hat die Gemeinde alternative Erschliessungsvarianten überprüfen lassen – insbesondere auch den Bau einer neuen Alpstrasse vom Mittelstafel bis zum Oberstafel. Aufgrund der Länge der Strasse und dem schwierigen Gelände müsste für den Bau einer neuen Alpstrasse mit Kosten von rund 1 Million Franken gerechnet werden. Daher wurden weitere Erschliessungsvarianten geprüft.
Die Sommer 2018 und 2022 haben zudem aufgezeigt, dass die Wasserversorgung auf dem Oberstafel der Alp ungenügend ist. Auch die Quellfassungen sowie die Infrastrukturen der Wasserversorgung auf dem Mittelstafel entsprechen nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben und müssen deshalb saniert werden. Sowohl beim Mittelstafel wie auch beim Oberstafel ist die Sanierung der Wasserversorgung notwendig. Die Gemeinde Glarus Süd hat entscheiden, die Erschliessung des Oberstafels zu verbessern und gleichzeitig die Wasserversorgung der Alp zu sanieren. Bei einer gleichzeitigen Ausführung können Synergien genutzt und damit Kosten eingespart werden. Im Rahmen eines Variantenstudiums wurde deutlich, dass eine kombinierte Erschliessung, bestehend aus dem Neubau des Viehtriebweges und einer Milchpipeline für den Transport der Milch vom Oberstafel zum Mittelstafel, die günstigste und nachhaltigste Variante darstellt.
Das Projekt sieht den Bau eines rund 2.7 km langen Viehtriebweges mit einer Breite von 1.6 m vor. Der Weg wird nur minimal befestigt und die Linienführung wird so gelegt, dass die maximale Neigung 16 % beträgt und topographisch und geotechnisch günstige Bereiche ausgenutzt werden können. Wo möglich verläuft der Viehtriebweg auf dem bestehenden Fusswegtrassee. Auf dem neuen Weg wird es möglich sein, kleinere Materialtransporte mit einfachen Raupenkaretten vorzunehmen. Aktuell muss alles Material mit der Seilbahn oder dem Helikopter transportiert werden.
Die beiden Quellen, die heute den Mittelstafel versorgen, haben eine gute Schüttung und auch bei einer längeren Trockenphase liefern sie immer genügend Wasser. Da aber Oberflächenwasser in die Quellen eindringt, müssen beide Quellen neu gefasst werden. Auch die bestehende Brunnenstube entspricht nicht mehr den Lebensmittelvorschriften, weshalb sie durch eine Fertigbrunnenstube ersetzt werden muss. Diese wird an eine bestehende Schlauchleitung angeschlossen, die bis zum Mittelstafel führt. Auf dem Mittelstafel wird ein Kleinreservoir mit einem Speicher von rund 5 m³ erstellt. Damit kann sichergestellt werden, dass auch in Spitzenzeiten ausreichend Wasser verfügbar ist. Das Überwasser kann aus dem Reservoir zum Unterstafel geleitet werden.
Um die Milch vom Oberstafel zum Mittelstafel transportieren zu können, wird zwischen den beiden Stafel eine Milchpipeline in einem Schutzrohr verlegt, die regelmässig gespült werden muss. Mit der heutigen knappen Wasserversorgung auf der Oberstafel ist dies jedoch nicht immer garantiert. Aktuell kann der Alppächter von einer benachbarten Urner Alp über eine offen verlegte Schlauchleitung zusätzliches Wasser beziehen – hierbei kann jedoch nicht von einer Versorgungssicherheit gesprochen werden. Auf dem Oberstafel steht ausserdem eine gemauerte Zisterne mit einem Fassungsvermögen von rund 15 m³. Dieser Wasservorrat reicht für fünf bis sieben Tage.
In einem trockenen Sommer geht die Schüttmenge der beiden Quellen stark zurück und der Oberstafel ist auf eine externe Wasserlieferung angewiesen. Daher wird eine Hochdruckpumpenleitung vom Mittelstafel bis zum Oberstafel erstellt. Diese Leitung wird im gleichen Werkleitungsgraben wie die Milchpipeline verlegt. Und um weitere Synergien nutzen zu können, wird eine zusätzliche Wasserleitung in den Graben verlegt, damit auch die verschiedenen Brunnen im Weidegebiet zwischen Ober- und Mittelstafel versorgt werden können. Beim Oberstafel wird zudem ein zusätzliches Reservoir von 5 m³ erstellt. Das Überwasser fliesst jeweils in die Zisterne, die für die Tränkebrunnen verwendet werden kann. Das Wasser aus dem Reservoir wird für die Spülung der Milchpipeline bzw. für das Waschen des Melkgeschirrs und die Versorgung des Oberstafelgebäudes verwendet.
Die neuen Installationen machen beim Oberstafel und beim Mittelstafel verschiedene Anpassungsarbeiten an den bestehenden Leitungen nötig.
Durch die Massnahmen können folgende Ziele erreicht werden:
- zeitgemässen, sicheren und nachhaltigen Zugang zum Chamer Oberstafel
- effiziente und optimale Alpbewirtschaftung gemäss Alpstrategie der Gemeinde Glarus Süd
- langfristige Sicherstellung der Wasserversorgung für die gesamte Chameralp, auch in trockenen Sommern
- Sicherstellung einer ausreichenden Wassermenge für den Alpbetrieb: Viehtränken, Reinigung Milchgeschirr, Alppersonal
- Sicherstellung einer einwandfreien Wasserqualität für Mensch, Tier und Milchverarbeitung; Berücksichtigung der Vorgaben der Lebensmittelgesetzgebung
Die bestehende Materialseilbahn wird nicht mehr ersetzt und zwischen dem Mittelstafel und dem Oberstafel komplett zurückgebaut.
Der Kredit für dieses Vorhaben wurde am 24. November 2022 von der Gemeindeversammlung beschlossen.
Die Arbeiten sollten demnächst in Angriff genommen werden und können voraussichtlich im Herbst 2024 abgeschlossen werden.
Kosten und Finanzierung
Die Kosten setzen sich gemäss Zusammenstellung wie folgt zusammen:
Wasserversorgung: Baumeisterarbeiten | Fr. | 330’000.-- |
Wasserversorgung: Sanitärarbeiten | Fr. | 285’000.-- |
Erschliessung: Baumeisterarbeiten | Fr. | 380’000.-- |
Honorare | Fr. | 95’000.-- |
Unvorhergesehenes und Reserven | Fr. | 55’000.-- |
Gesamtkosten | Fr. | 1’145’000.-- |
Die Finanzierung ist folgendermassen vorgesehen:
Gesamtkosten | Fr. | 1’145’000.-- |
./. Subventionen Bund und Kanton* | Fr. | 482’000.-- |
Noch zu finanzierende Restkosten | Fr. | 663’000.-- |
Mit der sicheren Erschliessung und einer ausreichenden Wasserversorgung auf allen Stafeln der Alp Chamer während der ganzen Alpungszeit kann der Betrieb und die Nutzung spürbar verbessert werden. Mit der einwandfreien Trinkwasserversorgung und der Verlegung der Milchpipeline kann die Milchkuhalp weiter betrieben werden. Die Gefahr von Ertrags- und Betriebsausfällen sowie Erkrankungen der Tiere werden damit minimiert und die Bestossung der Alp für die Zukunft gesichert.
Die Alp wurde als nachhaltig und wirtschaftlich eingestuft. Damit sie auch zukünftig erfolgreich bewirtschaftet werden kann, müssen diese wichtigen Investitionen in den Bereichen Erschliessung und Wasserversorgung zwingend getätigt werden.
Die Alpwirtschaft hat eine hohe wirtschaftliche Bedeutung für die Berglandwirtschaft im Kanton Glarus. Die Gemeinde Glarus Süd betreibt insgesamt 39 Alpen, was eine enorme finanzielle Belastung mit sich bringt. Die Nutzung der Alpweiden ist zudem zur Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft sowie zur Erbringung der damit verbundenen multifunktionalen Leistungen der Landwirtschaft wichtig.
Eine Unterstützung dieses Projektes möchten wir Ihnen sehr empfehlen.
Für dieses Projekt konnten wir bereits Spenden in der Höhe von Fr. 200’300.-- in Empfang nehmen.