Patenschaft 2025
Jahresversammlung 2025
Rund 500 Besucherinnen und Besucher – Vertreter von Kantonsregierungen, Städten, Gemeinden, Stiftungen, Institutionen sowie private Gönnerinnen und Gönner – konnte der Präsident der Schweizer Patenschaft, alt Ständerat Werner Luginbühl, an der Jahresversammlung vom 9. Mai 2025 in Zürich begrüssen.
Werner Luginbühl, Präsident der Schweizer Patenschaft für Berggemeinden, blickte auf ein anspruchsvolles Geschäftsjahr 2024 zurück. Die Bergregionen waren geprägt von mehreren Naturereignissen mit dramatischen und tragischen Folgen. Dies wirkte sich auch auf die Arbeit der Vorstandsmitglieder, der Experten und der Geschäftsstelle aus. Insgesamt konnten 174 Projekte im Berggebiet und im Jura mit 15.4 Millionen Franken unterstützt werden. Werner Luginbühl wies auf die grosse Unterstützung hin, welche die Bergbevölkerung erlebte: «Dankbar durfte die Schweizer Patenschaft eine beispielhafte Solidarität zwischen allen Landesteilen, den Sprachregionen, den Tälern und Bergen erleben.»
Die Geschäftsleiterin Barbla Graf erläuterte die Verwendung der Spenden und Legate: 5.8 Millionen Franken an Infrastrukturaufgaben, davon 3 Millionen Franken an Wasser- und Abwasserprojekte; 4.2 Millionen Franken an das Schul- und Gesundheitswesen; 1.38 Millionen Franken an landwirtschaftliche Vorhaben; 1.2 Millionen Franken an forstwirtschaftliche Projekte; 3.6 Millionen Franken an Verbauungen und Instandstellung von Elementarschäden; 230’000 Franken an kulturelle Projekte und die Anschaffung von Maschinen.
Fonds für Soforthilfe nach Unwettern
Die Schweizer Patenschaft für Berggemeinden hat nach den Unwettern im Misox, im Val d’Anniviers, im Mattertal und im Val d’Hérens rasch reagiert und bereits am Folgetag 1 Million Franken für Sofortmassnahmen bereitgestellt. Nach den Überschwemmungen im Tessin wurde der Betrag um 1 weitere Million Franken aufgestockt. Nach dem Ereignis in Brienz im Berner Oberland und mehreren Spendenaufrufen standen bei der Schweizer Patenschaft für Berggemeinden Ende 2024 für die Bewältigung der Unwetterschäden 6 Millionen Franken bereit. Aus dem Unwetterfonds 2024 wurden letztes und dieses Jahr bereits 2.2 Millionen Franken ausgerichtet.
Solidarität auch unter der Jugend
Den musikalischen Rahmen boten die 54 Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klasse aus den Gemeinden Cama, Lostallo, Soazza und Mesocco unter der Leitung ihrer Musiklehrerinnen Ramona Plozza, Anna Giudicetti Rizzi und Vivian Mingozzi. Sie führten Musikstücke aus dem «Gran Concerto della Pace» von Gianfranco Perini auf. Anna Giudicetti Rizzi gab eine kurze Einführung: «Dieses Projekt liegt uns besonders am Herzen. Die Kinder überbringen mit den Liedern eine universelle Botschaft des Friedens und der Solidarität.» Das ganze Werk werden sie zusammen mit weiteren Kindern – insgesamt 220! – am 15. Mai in Bellinzona und am 24. Juni in Lostallo aufführen; ein Teil des Erlöses wird an die Bewältigung der Unwetterschäden im Misox fliessen. Mit der beherzten Darbietung der Misoxer Kindern bedankten sich die Südbündner Gemeinden und der Kanton Graubünden bei allen Anwesenden.
Verabschiedung und Neuwahlen
Für die zurücktretende Ruth Frey Commarmot wählte die Versammlung Christine Abegg in den Vorstand. Sie wird zukünftig als Expertin Projekte aus verschiedenen Berggebieten prüfen. Als Ersatzmitglied der Kontrollstelle wurde Anton Vogt, der viel Erfahrung aus dem Bankenwesen mitbringt, gewählt.
Grussbotschaften aus den Bergregionen und dem Jura
Eine ganze Reihe von Persönlichkeiten meldete sich zu Wort und überbrachte den Dank ihrer Regionen und der Bevölkerung.
Regierungsrat Dr. Jon Domenic Parolini, Kanton Graubünden, erinnerte sich, wie er als Gemeindepräsident von Scuol das segensreiche Tun der Schweizer Patenschaft für Berggemeinden erlebt hatte: «Bei der Bewältigung von Problemen bleiben immer Restkosten. Eine funktionierende Solidarität ist dabei unabdingbar – herzlichen Dank!»
Landeshauptmann Stefan Müller, Kanton Appenzell Innerrhoden, gratulierte zu 85 Jahren Solidarität und Zusammenhalt. Einen besonderen Dank richtete er für die Unterstützung des Bildungswesens aus, denn dieses – das zeigte er anhand eines Appenzeller Witzes – ist die beste Grundlage für ein erfolgreiches Leben.
Regierungsrätin Christine Häsler, Kanton Bern, richtete ihren Dank im Namen des Kantons und auch ihrer Wohngemeinde Lütschental mit ihren zahlreichen Wildbächen aus: «Da passiert etwas, das uns Sorgen bereiten wird. Das Wissen, dass jemand da ist, der uns unterstützt, gibt uns eine gewisse Sicherheit.»
Staatsrat Didier Castella, Kanton Freiburg, bedankte sich speziell für die Unterstützung der Alpwirtschaft, die in seinem Kanton eine grosse Bedeutung hat. Hier treffen Innovation und Technologie in einer langen Tradition zusammen. «Für die Weiterentwicklung braucht es Unterstützung, die manchmal darüber entscheidet, ob ein Projekt realisiert werden kann.»
Regierungsrätin Marianne Lienhard, Kanton Glarus, wies darauf hin, dass ihr Kanton mit seinen drei Gemeinden alles daransetzt, dass das Berggebiet bewohnbar, bewirtschaftet und gepflegt bleibt. Gerade die zurzeit laufende Bewältigung des Bergsturzes bei Schwanden zeigt, wie aufwendig diese Aufgabe ist. «Die Gewissheit, dass es die frei gelebte Solidarität für das Berggebiet gibt, stimmt uns zuversichtlich. Ich freue mich auf eine weitere fruchtbare Zusammenarbeit und danke Ihnen herzlich.»
Madame le Ministre Rosalie Beuret Siess, Kanton Jura, bedankte sich bei den Gönnerinnen und Gönnern für die Unterstützung der Lebensqualität. Auch sie wies auf die Bedeutung der Schulbildung hin: «Sieben von 20 Projekten betrafen im vergangenen Jahr Schulbauten, das ist sehr wichtig für uns, denn ein Dorf ohne Kinder ist wie eine Wiese ohne Blumen.»
Landesstatthalter Daniel Wyler, Kanton Obwalden, erinnerte daran, dass die Berggebiete gerade in Zeiten von Wohnungsknappheit und Energieknappheit eine wichtige Rolle spielen. «Für die Sicherung der Infrastruktur und der Verkehrswege braucht es Ressourcen, die uns nicht immer genügend zur Verfügung stehen. Wir werden Ihre Solidarität weiterhin brauchen.» Er lud alle Anwesenden ein, Obwalden zu besuchen und einen Augenschein der Arbeiten zu nehmen.
Landesstatthalter Daniel Furrer, Kanton Uri, überbrachte den Dank von Land und Volk Uri: «Sie lassen uns Ihre Solidarität immer wieder erleben: konkret, unbürokratisch und mit Bodenhaftung.»
Marco Gadient, Kantonsrat St. Gallen, betonte: «Für Infrastrukturobjekte ist es essenziell, dass sie ausgeführt und eben auch finanziert werden können. Umso wichtiger sind Sie dabei – ein Vergelt’s Gott aus St. Gallen.»
«Fast ein Jahr danach - Die Unwetterereignisse vom Juni 2024 im Misox»
Im Anschluss an die Versammlung berichteten Nicola Giudicetti, Gemeindepräsident von Lostallo, und Luca Plozza, Regionalforstingenieur und Projektleiter Unwetter Misox, über das gewaltige Unwetter vom 21. Juni 2024, seine dramatischen Folgen und deren Bewältigung. Nicola Giudicetti schilderte, wie er das Ereignis erlebte, seine Ungewissheit über das Ausmass der Schäden, seine Angst, ob es noch schlimmer kommen könnte. Aber auch seine Erleichterung, als eine vermisste Frau gefunden wurde – leider verloren drei Menschen ihr Leben. Er erzählte auch, wie Jugendliche, Jungen und Mädchen, beim Aufräumen halfen – mit Schaufeln, Eimern und blossen Händen. Und auch der Anruf der Geschäftsleiterin Barbla Graf: «Ich war zu Tränen gerührt, ich wusste: Wir sind nicht allein.» Von allen Seiten kam Hilfe, die Regionspende «Forza Mesolcina» hat über 4000 Spenderinnen und Spender. Als besonderen Moment schilderte er die Ankunft der Spieler und Fans der beiden Eishockeymannschaften Ambrì-Piotta und Lugano – nicht mit dem «Puck», sondern mit Herz und Gummistiefeln. Weitere Freiwillige kamen, Frauen und Rentner organsierten in der Küche der Turnhalle die Küche für die Versorgung der Helfer. Viele Arbeiten sind seither gemacht, aber die Flut hat Spuren hinterlassen. Und Nicola Giudicetti macht sich grosse Sorgen um die finanziellen Folgen für die Gemeinden. Nur schon Lostallo rechnet mit vier bis fünf Millionen Franken, die die Gemeinde trotz Hilfe von Bund und Kanton selbst bezahlen muss. «Ihre Hilfe ist sehr wichtig – wir danken Ihnen von Herzen!»
Luca Plozza zeigte mit eindrücklichen Bildern und Zahlen die Arbeiten auf, die seit dem ersten Tag nach dem Unwetter in den Gemeinden Cama, Grono, Lostallo, Mesocco, Roveredo und Soazza geleistet wurden. Häuser, Strassen, Brücken, Wasserleitungen, Kulturland, Schutzwälder und Schutzbauten waren betroffen. Hunderttausende Kubikmeter Schutt wurden bewegt, der Grossteil davon wurde für die Erhöhung bestehender Schutzbauten und für neue Ablenkdämme verbaut. Die Auffangbecken wurden schnellstmöglich geleert, so dass sie ihre Funktion bei einem nächsten Ereignis erfüllen können. Beeindruckend war die Darstellung der Organisation, die der Kanton und die Gemeinden in kürzester Zeit aufstellten – die Koordination und Kommunikation war ein wichtiger Faktor für die schnelle und effiziente Arbeit. Sorgen bereiten aber auch ihm die nächsten Jahre: Was zeigen die 60 Gefahrenkarten, die in den nächsten zwei Jahren neu erstellt werden, welche Folgeprojekte mit welchen Kosten entstehen daraus, was geschieht im Weiler Sorte mit seinen zerstörten Häusern – kann er geschützt werden oder erfolgt eine Umsiedelung? Er schloss seinen Bericht mit einem grossen Dank an die vielen Beteiligten und an die Gönnerinnen und Gönner der Schweizer Patenschaft für Berggemeinden.
Der Apéro, vorbereitet von den Leuten im Calancatal, verbreitete eine Stimmung wie im Grotto, dem Ort der Geselligkeit in den Südbündner und Tessiner Tälern. Gespendet wurde er vom Kanton Graubünden und den Moesano-Gemeinden. Die herzliche Präsentation und die feinen Produkte zeigten die Region von ihrer sympathischen und vielfältigen Seite. Sie werden bei den Gästen in bester Erinnerung bleiben.