Zu Besuch bei Sabrina und Flurin im Lehrlingshaus
Das Lehrlingshaus Engiadina lässt sich aus der Bündner Bildungslandschaft nicht mehr wegdenken. Es bietet den Jugendlichen nicht nur Unterkunft und Verpflegung, sondern auch Heimat und Geborgenheit, wenn sie für ihre Ausbildung das Elternhaus verlassen müssen.
Pädagogische Begleitung und Betreuung
Leiter des Lehrlingshauses ist seit mehreren Jahren Jan Harbott. Der Sozialpädagoge ist Betreuer, Hauswart, Buchhalter und Administrator in einer Person. Als ursprünglich gelernter Schreiner bringt er viel Verständnis für die Jugendlichen in der Ausbildung mit. Er legt grossen Wert auf ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Bewohnerinnen und Bewohnern, die oft ganz schön gefordert sind, wenn sie in Eigenverantwortung ihren Alltag mit Arbeit, Aufgaben und Vergnügen organisieren müssen. Ab und zu können auch Probleme dazu kommen – persönliche, am Arbeitsplatz oder in der Familie. Auch dann steht Jan Harbott ihnen zur Seite: «Ich kann die Familie nicht ersetzen, aber Unterstützung anbieten, wo es nötig ist.» Mit seiner Begeisterung für verschiedene Sportarten bietet er auch diverse Angebote ausserhalb des Hauses an. Dass die Betreuung der Jugendlichen erfolgreich ist, zeigt die Lehrabbruchquote, die mit etwa acht Prozent weit unter dem Landesdurchschnitt von 21 Prozent liegt.
Sabrina, Schreinerin
Eine der Bewohnerinnen ist Sabrina, 19, aus Davos. Sie ist im dritten Lehrjahr als Schreinerin. Die Lehrstelle hat sie in der Engadiner Lehrwerkstatt für Schreiner gefunden. Im Lehrlingshaus hatte sie sich in kürzester Zeit eingelebt und in ihrer Mitbewohnerin im Doppelzimmer eine gute Kollegin gefunden. «Ich bin zwar von zuhause ausgezogen, bin aber trotzdem gut aufgehoben und nicht allein» meint sie. Sie habe den Entscheid, hierherzukommen, nie bereut, und der Beruf und der Arbeitsplatz gefallen ihr sehr. Nach dem Lehrabschluss wird sie als Schreinerin arbeiten, hat sich aber auch schon Gedanken über mögliche Weiterbildungen gemacht.
Flurin, Kaufmann
Der 18-jährige Flurin kommt aus Strada im Unterengadin. Er absolviert das dritte Lehrjahr als Kaufmann an der Gemeindeschule Samedan. Sein täglicher Arbeitsweg würde gut drei Stunden dauern, so ist er froh, dass er hier wohnen kann. «Ich wusste wohl, dass ich für die Ausbildung von zuhause weg muss, wollte aber nicht gleich nach Chur oder noch weiter weg», hält er fest. Einige Mitbewohner kannte er schon von früher, so war es einfach, beim «Unterengadiner Tisch im Speisesaal Anschluss zu finden: «Hier ist jetzt mein Zuhause, wir funktionieren wie eine grosse Wohngemeinschaft.» Und wenn es ihm einmal nicht so gut gehe, dann habe er immer noch Jan und den «Fussball-Töggelikaste». Für ihn ist klar, dass er nach der Lehre eine Stelle in der Region suchen wird.
Regionale Vernetzung fördern
Der Zusammenhalt unter den Jugendlichen ist wichtig, damit sie weiterhin mit ihrer Region verbunden sind. «Die Vernetzung, aber auch die Freizeitaktivitäten tragen dazu bei, dass diese Verbindung bestehen bleibt», ist Jan Harbott überzeugt. Das scheint sich zu bewähren, der grosse Teil der Lernenden bleibt nach der Berufslehre in der Region.